Banking ist klischeehaft?
Julia Sommer ist seit Januar 2022 als Client Analyst im Bereich Global Banking tätig. Als Wirtschaftsjuristin standen Banken bei ihrer Jobwahl nicht unbedingt an erster Stelle. Sie befürchtete, dass die Klischees über die Finanzwelt stimmen.
Als du dich für die Bankenbranche entschieden hast, hattest du eine bestimmte Erwartung oder ein Vorurteil wie es dort sein wird?
Ich habe ja einen Abschluss als Wirtschaftsjuristin gemacht und da dachte ich natürlich daran, ganz klassisch in einer Kanzlei anzufangen. Aber ich wollte mich nicht gleich festlegen und bin offen in die Jobsuche gestartet. Durch Zufall bin ich bei LinkedIn auf eine Bank, die SEB, gestoßen. Unter der Stellenbeschreibung „Client Analyst“ konnte ich mir erst einmal nichts vorstellen, aber die Präsentation der SEB auf der Website hat mich angesprochen, sodass ich mich beworben habe. Im Hinterkopf hatte ich natürlich schon, dass es in einer Bank eher hierarchisch zugehen und das Umfeld eher steif sein würde – aber im Vorstellungsgespräch wurde ich positiv überrascht. Was mich besonders begeistert hat, war der skandinavische Einfluss, mit Vertrauen statt Kontrolle und Flexibilität statt starrer Regeln. Und gleichzeitig ein klarer Fokus auf Professionalität und Karriere. Für mich war das genau die richtige Mischung – ambitioniert arbeiten, aber mit Raum für Leben. Das hat mich abgeholt.
Und, wie ist es wirklich, bei einer Bank zu arbeiten?
Bei der SEB leben wir flache Hierarchien in einer offenen und kommunikativen Kultur. Wir sind als Bank relativ klein, und genau das macht vieles möglich. Wir arbeiten häufig in unterschiedlichen Teams zusammen und wir kennen uns untereinander – das bricht Strukturen auf. Es fühlt sich gar nicht so an, wie jemand es vielleicht von außen erwarten würde. Im Gegenteil: Das Arbeiten hier ist lebendig, dynamisch und gar nicht steif oder festgefahren.
Was macht deiner Meinung nach eine Bank zukunftsfähig?
Aktuell leben wir in einem sehr dynamischen Umfeld. Alles wird digitaler, schneller und gefühlt gibt es jeden Tag neue Entwicklungen. Das betrifft natürlich auch uns als Finanzinstitut, gerade im Hinblick auf technologische Umbrüche in Verbindung mit den daraus resultierenden rechtlichen und regulatorische Anforderungen. Deshalb ist es für uns als Relationship Bank umso wichtiger, die Beziehung zu unseren Kunden nicht aus den Augen zu verlieren und sie weiterhin in den Mittelpunkt zu stellen. Genau das sollten Banken versuchen: flexibel sein, mitdenken, mit der Zeit gehen und dabei trotzdem nah an den Menschen bleiben.
Was denkst du, welche Rolle spielen Banken in der Zukunft in der Gesellschaft?
Banken sind meiner Meinung nach ein Spiegel der wirtschaftlichen und politischen Lage. Für sie ist es essenziell, sich anzupassen – an die Bedürfnisse der Kunden, an neue Rahmenbedingen und natürlich an den gesellschaftlichen Wandel. Der Anspruch sollte sein, Veränderungen nicht nur zu begleiten, sondern aktiv mitzugestalten. Wenn wir als Bank es schaffen, uns auf wirtschaftliche und politische Umbrüche einzupendeln, können wir ein verlässlicher Partner sein. Einer, der nicht nur reagiert, sondern gemeinsam mit den Kunden agiert und so den Wandel aktiv begleitet.
Welches Zukunftsthema liegt dir am Herzen?
Aus Bankensicht ist das Thema Künstliche Intelligenz riesig – der Arbeitsalltag findet mittlerweile fast ausschließlich online statt, dabei wird alles immer schneller, flexibler und digitaler. Aber gerade bei dieser Entwicklung dürfen Banken den Kontakt zu ihren Kunden nicht verlieren, sondern müssen sich deren Ansprüchen anpassen. Viele Banken stehen beim Thema KI noch ganz am Anfang. Wenn wir als SEB es schaffen, eine Vorreiterrolle einzunehmen und den Trend aktiv mitzugestalten, dann können wir uns als innovativer und verlässlicher Partner positionieren. Dabei kann unsere Größe von Vorteil sein: kleiner und agiler zu sein, heißt oft auch schneller reagieren zu können als große und dadurch vielleicht etwas behäbigere Institute.
Persönlich finde ich KI auch super spannend. Für mich ist klar, dass wir mit KI arbeiten müssen, nicht gegen sie. Gleichzeitig sehe ich auch die Risiken: durch Digitalisierung, KI und Homeoffice besteht die Gefahr, dass der persönliche Kontakt, das Zwischenmenschliche verloren geht. Da müssen wir aufpassen, denn am Ende lebt unsere Arbeit von Beziehungen, und die dürfen wir nicht aus den Augen verlieren.
Was unterscheidet deine Generation zu früheren Generationen von Bankern?
Meiner Meinung nach haben sich die Prioritäten über die Jahre verändert. Ganz wertfrei betrachtet ist meine Generation mit anderen Voraussetzungen ins Berufsleben gestartet als Generationen davor, was sich dann auf die Prioritäten auswirken. Ich würde meine Generation als zielstrebig und ehrgeizig bezeichnen, aber gleichzeitig spielt das Privatleben eine viel größere Rolle als das vielleicht früher der Fall war. Wir wollen Karriere machen, aber nicht um jeden Preis. Für uns bedeutet Work-Life-Balance etwas anderes – nicht nur ein Ausgleich, sondern ein echtes Zusammenspiel.
Insbesondere für Frauen ist die fortschreitende Vereinbarkeit von Teilzeit und Karriere sowie Familie und Beruf ein bedeutender Aspekt der modernen Arbeitswelt. Im Vergleich zu früheren Generationen haben sich die gesellschaftlichen Rahmenbedingungen und Perspektiven maßgeblich weiterentwickelt, wodurch neue Möglichkeiten zur individuellen Lebensgestaltung entstehen. Es ist erfreulich zu beobachten, dass sich Beruf und Privatleben heute zunehmend flexibel miteinander verbinden lassen und nicht mehr als Gegensätze betrachtet werden müssen. Diese Entwicklung eröffnet vielfältige Chancen und trägt dazu bei, dass unterschiedliche Lebensentwürfe und Karrierewege realisierbar sind. Persönlich begrüße ich diese positive Veränderung und sehe darin einen wichtigen Schritt in Richtung einer inklusiven und zukunftsorientierten Arbeitskultur.
Was aus dieser Aufzählung ist dir am wichtigsten im Job und warum?
Sicherheit · Schnelle Karriere · Status · Sinnhaftigkeit des Jobs · Verantwortung zu übernehmen · Loyalität · Work Life Balance · Innovation · flache Hierarchien · Team
Hier würde ich mit meiner Antwort ein bisschen schummeln, denn für mich gehören Sinnhaftigkeit im Job und Verantwortung übernehmen zusammen. Für mich ist ein Job nur dann sinnstiftend, wenn ich selbstständig arbeiten und Verantwortung übernehmen darf. Das gleiche gilt für Teamarbeit und flachen Hierarchien. Das eine funktioniert für mich nicht ohne das andere. Wenn wir als Team auf Augenhöhe arbeiten, bin ich nicht nur effektiver, sondern auch motivierter. Deshalb macht es für mich total Sinn, diese Dinge zusammenzudenken. Sie beeinflussen sich gegenseitig positiv – und genau das ist es, was für mich einen guten Arbeitsplatz ausmacht.
Was denkst du, wie werden wir in Zukunft zusammenarbeiten?
Kurz gesagt: flexibel. In der Bank arbeiten wir in Teams, in denen verschiedene Generationen zusammenkommen. Für viele Jüngere ist es ganz normal, im Homeoffice zu arbeiten, digital zu kommunizieren und flexibel zu sein. Für ältere Kolleginnen und Kollegen ist der persönliche Austausch vor Ort oft noch wichtiger. Deshalb ist es entscheidend, dass wir offenbleiben – für unterschiedliche Arbeitsweisen und für verschiedene Perspektiven. Es geht darum, Respekt zu haben für die Art, wie andere arbeiten. So können wir nicht nur gut zusammenarbeiten, sondern die Zusammenarbeit sogar noch verbessern.
Fazit: Being a banker: shame or pride?
Definitiv Pride. Ich bin gerne Teil dieser Branche, auch wenn wir immer noch mit Klischees kämpfen müssen: Gier, Egoismus, Intransparenz – das wird immer noch mit Banken verbunden. Aber ich sehe das anders. Gerade jetzt haben wir die Möglichkeit, echten Einfluss zu nehmen. Als Bank entscheiden wir mit, welche Projekte wir unterstützen, was wir finanzieren und wie wir mit unseren Kunden zusammenarbeiten.
Und auch wenn Frauen in der Branche noch unterrepräsentiert sind, sehe ich darin keine Hürde, sondern eine Chance. Wir können unsere Kompetenz unter Beweis stellen, unsere Werte leben und den Wandel aktiv mitgestalten. Die Message, die ich nach außen tragen möchte, ist klar: Banking ist nicht das, was die Klischees sagen – es ist das, was wir daraus machen.