Zur Suchfunktion wechseln Zum Inhalt

Bitte nutzen Sie einen anderen Browser. Um unsere Intranetseite besuchen zu können, benötigen Sie einen der folgenden Browser: Apple Safari, Google Chrome, Microsoft Edge oder Mozilla Firefox. Mehr dazu erfahren Sie auch hier.

Wissenswertes über das EU-Klimagesetz und die Taxonomie

Am 21. April 2021 hat sich die Europäische Union auf das neue europäische Klimagesetz geeinigt, das den Weg zur Klimaneutralität bis 2050 vorgibt. Am selben Tag wurde auch ein ehrgeiziges Maßnahmenpaket für den ersten Teil der EU-Taxonomie verabschiedet. Wie geht es jetzt weiter? Wann tritt die Taxonomie in Kraft, und wer ist davon betroffen? Diesen Fragen gehen wir gemeinsam mit den Expertinnen und Experten der SEB auf den Grund.

Vor drei Jahren startete die EU mit der Entwicklung der sogenannten Taxonomie. Die SEB war und ist noch heute direkt in die Arbeit involviert, unter anderem durch die Teilnahme an den Expertengruppen der EU. So war Marie Baumgarts Teil der technischen Expertengruppe, die die Taxonomie für die beiden ersten Umweltziele entwickelte. Karl-Oskar Olming bringt nun seine Expertise in die Expertengruppe ein, die die Arbeit an den verbleibenden vier Umweltzielen der Taxonomie und einer möglichen Erweiterung fortsetzt.

Zu den Expertinnen und Experten der Bank gehören auch Anne Kristin Kästner, die ein Tool für die Taxonomie-Analyse in Aktienportfolios entwickelt hat, und Åsa Knudsen Sterte, die zuvor im schwedischen Finanzministerium gearbeitet und die Taxonomie-Verordnung im Namen Schwedens ausgehandelt hat.

Was bringt das neue Klimagesetz mit sich?

Es bedeutet, dass die EU rechtlich verbindliche Ziele eingeführt hat, um die Netto-Treibhausgasemissionen bis 2050 auf null zu reduzieren, zusammen mit einem Zwischenziel, die Netto-Treibhausgasemissionen bis 2030 um mindestens 55 Prozent im Vergleich zu 1990 zu reduzieren. Diese Ziele waren zuvor als Pläne und Aktivitäten im Green Deal der EU enthalten, aber sie werden nun nach der politischen Einigung in einem Gesetz festgeschrieben, das die Mitgliedsstaaten verpflichtet, die notwendigen Maßnahmen zu ergreifen, um die Ziele zu erreichen.

Was ist die Taxonomie?

Die Taxonomie ist ein grünes Klassifizierungssystem, das die Klima- und Umweltziele der EU in eine Reihe von Kriterien konkretisiert, die erforderlich sind, damit eine wirtschaftliche Aktivität als umweltfreundlich oder nachhaltig eingestuft werden kann. Sie legt sechs Umweltziele fest, von denen die ersten beiden nun definiert sind. Damit eine Aktivität als nachhaltig eingestuft werden kann, muss sie einen signifikanten Beitrag zur Erreichung von mindestens einem der Ziele leisten - und gleichzeitig keines der anderen Ziele signifikant verletzen. Darüber hinaus müssen bestimmte soziale Mindestanforderungen erfüllt werden.

Ziel der Klassifizierung ist es, Stakeholdern wie Investoren und Unternehmen eine Orientierung zu geben, wie sie investieren und ihre Geschäftsmodelle so entwickeln können, dass sie zu einem positiven Klimawandel beitragen.

Der erste Teil der Taxonomie, der nun in Form eines delegierten Rechtsakts vorgelegt wird, konzentriert sich auf das Klima. Er legt Schwellenwerte für Aktivitäten fest, die als signifikant für das Ziel gelten, bis 2050 Netto-Null-Emissionen zu erreichen oder die dazu beitragen, den negativen Folgen des Klimawandels entgegenzuwirken. Die Taxonomie zeigt damit den Weg auf, wie die Ziele des Pariser Abkommens zum Stopp der Erderwärmung erreicht werden können.

Die EU setzt nun ihre Arbeit an der Erstellung einer Taxonomie für die anderen vier Umweltbereiche fort: Schutz der biologischen Vielfalt, Übergang zu einer Kreislaufwirtschaft, Schutz der Ozeane und Gewässer sowie Vermeidung von Verschmutzung. Diese werden in separaten delegierten Rechtsakten vorgelegt werden.

Wie sieht der weitere Prozess in Bezug auf den ersten Teil der Taxonomie aus?

Das Europäische Parlament und der Ministerrat haben nun maximal sechs Monate Zeit, den delegierten Rechtsakt in seiner Gesamtheit abzulehnen oder anzunehmen, Teile des Rechtsakts können nicht neu verhandelt werden. Um einen delegierten Rechtsakt abzulehnen, ist eine einfache Mehrheit im Europäischen Parlament oder eine qualifizierte Mehrheit im Ministerrat erforderlich, was jedoch äußerst ungewöhnlich wäre, da das Parlament und die Mitgliedstaaten die Befugnis zur Erstellung des Rechtsakts an die Europäische Kommission delegiert haben.

Wer ist zur Berichterstattung gemäß des delegierten Rechtsakts der Taxonomie verpflichtet?

Sie ist vor allem für alle Kategorien von institutionellen Vermögensverwaltern gedacht, die grüne Produkte anbieten, wie Investmentfonds oder Pensionssparen. Die Taxonomie-Berichterstattung ist auch für alle börsennotierten Unternehmen mit mehr als 500 Mitarbeitern sowie für Banken und Finanzmarktunternehmen verpflichtend (d.h. diejenigen, die unter die EU-Richtlinie zur nichtfinanziellen Berichterstattung, NFRD, fallen). Im Laufe der Zeit wird der Geltungsbereich auf weitere Unternehmen ausgeweitet werden.

Alle Unternehmen haben jedoch die Möglichkeit, auf freiwilliger Basis nach der Taxonomie zu berichten.

Wie sollen Unternehmen gemäß der Taxonomie berichten?

Bei Finanzprodukten, zum Beispiel einem Aktienfonds, muss angegeben werden, wie viel in taxonomiekonforme Aktivitäten investiert wurde. Die erfassten Unternehmen müssen berichten, wie groß der Anteil der an der Taxonomie ausgerichteten wirtschaftlichen Tätigkeit ist. Das bedeutet, dass sie berichten sollen, wie groß der Anteil ihrer Tätigkeiten ist, der einen wesentlichen Beitrag zur Erreichung der Ziele leistet, ohne dass andere wesentliche negative Umweltauswirkungen entstehen.

Es wird geschätzt, dass der erste delegierte Rechtsakt der Taxonomie zum Klima die wirtschaftliche Aktivität von etwa 40 Prozent der börsennotierten Unternehmen in den Sektoren abdeckt, die für 80 Prozent der direkten Treibhausgasemissionen in der EU verantwortlich sind.

Ab wann sind die Unternehmen verpflichtet, gemäß der Taxonomie zu berichten?

Die berichtspflichtigen Unternehmen sollen ab dem Geschäftsjahr 2021 berichten, d.h. im Zusammenhang mit der Veröffentlichung ihres Geschäftsberichts 2021.

Was passiert mit Unternehmen, deren Aktivitäten nicht auf die Taxonomie abgestimmt sind? Werden sie eine teurere Finanzierung erhalten oder vielleicht gar keine?

Das Ziel der Taxonomie ist es, zu einem positiven Klimawandel beizutragen, indem sie als Leitfaden für Investoren und andere Stakeholder dient. Es gibt weder formale Anforderungen an ein Unternehmen, sich an der Taxonomie zu orientieren, noch ein Verbot für Investoren, in Unternehmen zu investieren, die nicht an der Taxonomie orientiert sind.

Da die Taxonomie den Weg zur Erreichung der Ziele des Pariser Abkommens aufzeigt, könnte man sagen: Je mehr die Geschäftstätigkeit eines Unternehmens an der Taxonomie ausgerichtet ist, desto zukunftssicherer ist sein Geschäft aus Klimasicht.

Unternehmen, deren Betrieb heute nicht an die Taxonomie angepasst ist, die aber einen glaubwürdigen Übergangsplan vorweisen können, werden einen Vorteil haben, wenn sie Investoren anziehen wollen. Das Gegenteil gilt für Unternehmen, die keinen glaubwürdigen Transformationssplan haben.

Laut einer Analyse, die mit Hilfe des Impact Metric Tools der SEB, einem Analysetool für Investmentportfolios, durchgeführt wurde, sind derzeit nur etwa 3 Prozent der Umsätze der größten börsennotierten Unternehmen an der Taxonomie ausgerichtet (Developed Market Index). Es besteht also ein großer Bedarf an einer Transformation, um die Ziele des Klimagesetzes, die Emissionen bis 2030 um 55 Prozent zu senken, zu erreichen.

Eine Reihe von Bereichen in der Taxonomie sind Gegenstand politischer Debatten. Welche Teile wurden aus dem nun vorgelegten delegierten Rechtsakt herausgenommen?

Als Ergebnis der politischen Diskussionen wurden bestimmte Teile nach hinten geschoben, um in separaten Prozessen behandelt zu werden. Beim delegierten Rechtsakt für die Landwirtschaft will man die laufenden Verhandlungen über die EU-Agrarpolitik abwarten, um eine bessere Übereinstimmung zu erreichen. Die Kernenergie, die im ursprünglichen Vorschlag nicht enthalten war - aufgrund der Anforderung, dass der Betrieb keine signifikanten negativen Auswirkungen auf die Umwelt haben darf - wird in einem separaten Prozess behandelt, um den EU-Mitgliedstaaten und dem Europäischen Parlament die Möglichkeit zu geben, sich einzubringen. Gleichzeitig wurden die Seeschifffahrt und die Wiederherstellung von Feuchtgebieten (die als Kohlenstoffsenken dienen können) nun in die Taxonomie aufgenommen.

Es wurde viel über Wälder, Bioenergie, Gebäude und mehr diskutiert. Wie ist der Stand in diesen Bereichen?

In Bezug auf Forstwirtschaft und Bioenergie haben mehrere Länder, darunter Schweden, daran gearbeitet, dass die Nachhaltigkeitskriterien mit der EU-Richtlinie für erneuerbare Energien übereinstimmen. Dies wurde im Vergleich zum ersten Entwurf eingehalten, aber in welchem Ausmaß, hängt ein wenig davon ab, wen man fragt.

In der Forstwirtschaft müssen Unternehmen Forstwirtschaftspläne und Klimanutzenanalysen vorlegen, damit ihr Betrieb als taxonomiefähig eingestuft wird. Die EU hat sich in dieser Frage offen gezeigt, dies auf Konzernebene zuzulassen, aber es ist noch zu früh, um zu sagen, was dies in der Praxis bedeuten könnte. Waldflächen, die kleiner als 13 Hektar sind, sind von der Forderung nach einer Klimanutzenanalyse ausgenommen.

Die Produktion von Bioenergie scheint nun generell als taxonomiekonform eingestuft zu werden, wenn sie in Übereinstimmung mit der EU-Richtlinie für erneuerbare Energien erfolgt.

Auch bei den Gebäuden wurden einige Änderungen gegenüber dem ursprünglichen Vorschlag vorgenommen. Es gilt nun, dass Gebäude mit einer Energieklassifizierung "A" und die 15 Prozent der energieeffizientesten Gebäude in jedem Land als taxonomiekonform eingestuft werden. Es ist noch nicht klar, wie die Berechnung der 15 Prozent genau erfolgen wird.

Generell ist es noch zu früh, um zu sagen, wie die Regeln rund um die Taxonomie in der Praxis angewendet werden. Dies wird sich in der weiteren Arbeit herauskristallisieren. Die Praxis wird klarer werden, wenn Unternehmen und Banken beginnen, nach der Taxonomie zu berichten.

Mit Blick auf die Zukunft: Es soll an einer möglichen Erweiterung der Taxonomie gearbeitet werden, was passiert in dieser Richtung?

Die SEB ist Teil der "Platform for Sustainable Finance", die mit Empfehlungen für eine mögliche Erweiterung der Taxonomie arbeitet. Die Bereiche, die betrachtet werden, sind gesellschaftliche Ziele und Aktivitäten, die erheblichen Schaden anrichten können, sowie Aktivitäten mit geringen oder unbedeutenden Auswirkungen.

Werden wir mehr über diese Arbeit hören und wie kann ich mit den Expertinnen und Experten der Bank in Kontakt treten?

Wir werden kontinuierlich über künftige Entwicklungen und deren Auswirkungen auf unsere Kunden und die Gesellschaft insgesamt kommunizieren. Sie können die Bank gerne über ihre üblichen Kanäle kontaktieren, um weitere Informationen zu erhalten.