Fiskalpolitische Investitionen, nicht zuletzt in den Bereichen Verteidigung und Energie, mildern die negativen Auswirkungen ab. Der Krieg verstärkt den Anstieg der Inflation und die Ökonomen rechnen mit mehr und früheren Zinserhöhungen. Die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen haben sich durch den Krieg in der Ukraine also grundlegend verändert. Neben den direkten Folgen des Krieges wird es zu Spillover-Effekten kommen, unter anderem in Form von Sanktionen, Handelsunterbrechungen und Flüchtlingsströmen.
„Wir revidieren unsere Prognosen sowohl für die Weltwirtschaft als auch für die meisten einzelnen Länder nach unten“, sagt SEB Chefökonom Jens Magnusson. „Die wichtigsten Gründe dafür sind die hohen Energiepreise und die Versorgungsengpässe, Inflation und Handel, die der Krieg und die Sanktionen mit sich bringen. Es ist unmöglich zu sagen, wie lange der Krieg noch andauern wird, aber wir gehen davon aus, dass ein Großteil der Sanktionen und Engpässe bestehen bleiben wird, selbst wenn der Krieg relativ bald enden sollte.“
Negative Kräfte überwiegen
Finanzpolitische Unterstützung, ein erhöhter öffentlicher Konsum aufgrund der Flüchtlingsströme und größere Investitionen in Verteidigungskapazitäten und in alternative Energien werden in die entgegengesetzte Richtung wirken und das Wachstum unterstützen. „Wir glauben jedoch, dass die negativen Kräfte überwiegen und senken daher die Wachstumsprognose um einen Prozentpunkt für den OECD-Raum und fast ebenso viel für die Schwellenländer“, sagt der Leiter der SEB Wirtschaftsprognose, Håkan Frisén. „Aufgrund der großen Abhängigkeit von russischer Energie ist der Euroraum stärker betroffen als die USA.“
Die Wachstumsprognose für Europa für 2022 wird daher um zwei Prozentpunkte auf 2,0 Prozent gesenkt, während die Prognose für die Vereinigten Staaten um 0,6 Prozentpunkte auf 2,9 Prozent reduziert wird. Die nordischen Länder sind weniger betroffen als Kontinentaleuropa, aber die Auswirkungen sind dennoch spürbar. Die Wachstumsprognosen für Schweden, Dänemark und Finnland werden für 2022 um etwa einen Prozentpunkt nach unten korrigiert, während Norwegen nur geringfügig betroffen ist. Dass die nordische Region weniger betroffen ist als etwa der Euroraum, liegt daran, dass diese Länder insbesondere weniger abhängig von russischem Erdgas sind.
Sehr hohe weltwirtschaftliche Unsicherheit
Das Wachstum der baltischen Länder wird stark nach unten korrigiert, im Durchschnitt um etwas mehr als drei Prozentpunkte auf 0,7 Prozent. Obwohl die Länder in den vergangenen Jahren weniger abhängig vom Handel mit Russland geworden sind, ist dieser immer noch wichtig – und vor allem sind die Länder jetzt von einer sehr hohen Inflation betroffen, die die Einkommen der Haushalte schmälert und Konsum und Investitionen bremst.
Insgesamt stellen die Ökonomen der SEB fest, dass die Unsicherheit für die Weltwirtschaft nach wie vor sehr hoch ist, und auch wenn es Chancen für positive Überraschungen gibt, überwiegen ihrer Meinung nach die prognostizierten Abwärtsrisiken. „Die Abwärtskorrekturen, die wir jetzt für das Wachstum melden, sollten jedoch zusammen mit den jetzt bestehenden Abwärtsrisiken nicht groß genug sein, um die Zentralbanken davon abzuhalten, die geplante Neuausrichtung der Geldpolitik in Richtung Straffung umzusetzen", ergänzt Håkan Frisén. „Wir gehen daher davon aus, dass die Inflationsbekämpfung weiterhin im Mittelpunkt stehen wird und haben seit unserem Nordic Outlook im Januar unsere Leitzinsprognose sowohl für die Fed als auch für die Norges Bank und die Riksbank um 50 Basispunkte bis Ende 2023 angehoben.“