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Deutschlands Stromnetz braucht Milliarden

Juliane Barella
Juliane Barella, Head of Energy Coverage Germany bei der SEB

Der Finanzierungsbedarf für die Modernisierung der Energieinfrastruktur ist riesig und wird künftig weiter steigen. Eine Mammutaufgabe für Wirtschaft, Politik und Gesellschaft. Ein Gastbeitrag von Juliane Barella, Head of Energy Coverage Germany bei der SEB.

Die Energieinfrastruktur in Deutschland hat bis zum Jahr 2050 einen massiven Investitionsbedarf. 600 Milliarden Euro sind erforderlich, um das gesetzlich verankerte Ziel der Klimaneutralität zu erreichen. Laut Bundesregierung sollen bereits im Jahr 2030 mindestens 80 Prozent des in Deutschland verbrauchten Stroms aus erneuerbaren Quellen stammen. 2023 machte der Anteil an erneuerbaren Energien im Strommix 56 Prozent aus. Der Netzausbau sowie die Beschleunigung der Verfahren stehen in diesem Zusammenhang weit oben auf der Agenda, dafür werden bis 2030 circa 125 Milliarden Euro benötigt.

Herausforderung Finanzierung

Eine der größten Herausforderungen ist die Bereitstellung dieses Finanzierungsvolumens bei den unmittelbar an der Energiewende beteiligten Unternehmen, wie zum Beispiel den Netzbetreibern. Angesichts des Umfangs des Investitionsbedarfs ist klar, dass die Unternehmen nicht in der Lage sein werden, diesen ausschließlich aus ihren eigenen Cashflows zu finanzieren.

Ungeachtet der Wahl des Finanzierungsinstrumentes, muss jeder Kreditnehmer eine gesunde Bilanz und ein solides Risikoprofil vorweisen, um für Investoren attraktiv zu sein. Aber auch um die Anforderungen für die Kreditvergabe zu erfüllen und um die Finanzierungskosten auf einem angemessenen Niveau zu halten. Zur Erhaltung einer Balance zwischen Eigen- und Fremdkapital mit steigendem Verschuldungsgrad ist die Zuführung von Eigenkapital erforderlich. Allerdings können die Renditeanforderungen an solche Investitionen eine Beschränkung darstellen.

Es gilt somit, alle Finanzierungsstrukturen in Betracht zu ziehen. Banken stellen nicht nur Kredite auf ihrer eigenen Bilanz bereit, sondern eröffnen Unternehmen auch den Zugang zu Kapitalmärkten. Während die meisten Großunternehmen diesen bereits nutzen, müssen kleinere Netzeigentümer, wie etwa kommunale Versorgungsunternehmen, die Kapitalmärkte erst noch als zusätzliche Finanzierungsquelle erschließen.

Die wachsende Bedeutung von ESG-Kriterien für Banken und Investoren bietet in dieser Hinsicht Unterstützung. Beispielsweise kommen Netzinvestitionen im Zusammenhang mit der Energiewende und dem Anschluss erneuerbarer Energiequellen für grüne Kreditprodukte wie grüne Anleihen und grüne Schuldscheine in Frage und sprechen damit eine breite Investorenbasis an. Während der Privatsektor eine entscheidende Rolle bei der erfolgreichen Finanzierung der deutschen Energiewende spielen wird, muss der deutsche Gesetzgeber auch für einen verlässlichen und unterstützenden Regulierungsrahmen sorgen.

Hybridkapital als Lösung

Eine Möglichkeit, die Grenzen der Fremdkapitalkapazität zu erweitern, wäre der Einsatz von Hybridkapital, das auch Eigenkapitalanteile beinhaltet. Die deutsche Netzregulierung ermöglicht es den Netzbetreibern derzeit nicht, dieses Instrument optimal zu nutzen. Daher wären diesbezügliche Anpassungen als unterstützende Maßnahme notwendig, um die Unternehmen in die Lage zu versetzen, auf den Kapitalmärkten Eigen-, Hybrid- und Fremdkapitalmittel zu beschaffen, die sie benötigen, um ihren Beitrag zu einer erfolgreichen Energiewende in Deutschland zu leisten.

Auf diesem Weg investieren alle Kapitalgeber in den nachhaltigen Ausbau der Energienetze und die Energiewende in Deutschland und unterstützen Deutschland aktiv beim nachhaltigen Umbau des Landes hin zur Klimaneutralität.

Dieser Beitrag ist zuerst in der Sonderbeilage des Finance Magazins zur 20. Structured Finance erschienen.