Bereits rund 2.600 Unternehmen weltweit – davon 134 allein in Deutschland – haben sich dazu verpflichtet, spätestens im Jahr 2050 Netto-Null-Emissionen gemäß des Marktstandards Science Based Targets Initiative (SBTi) zu erreichen.
Doch der Sommer 2023 war der heißeste seit Beginn der Wetteraufzeichnungen. Das Netto-Null-Ziel bis zum Jahr 2050 zu erreichen erscheint daher zunehmend ambitionierter. Auf dem Weg dahin ist eine drastische Reduzierung der Emissionen erforderlich. Laut Weltklimarat IPCC müssen der Atmosphäre zudem bereits bis zum Jahr 2030 bis zu fünf Gigatonnen CO2 entzogen werden, um die Erderwärmung einzudämmen.
Sowohl die SBTi als auch eine unabhängige Studie der Vereinten Nationen sind zu dem Schluss gelangt, dass Unternehmen zum Erreichen ihrer Net-Zero-Ziele Carbon-Removal-Technologien nutzen können, um Emissionen zu neutralisieren, die sich aufgrund von technischen oder ökonomischen Gründen nicht komplett reduzieren lassen.
Carbon Removal bezieht sich, wie der Name schon sagt, auf den Prozess, Kohlendioxid naturbasiert oder technologisch aus der Atmosphäre zu entnehmen und langfristig in Kohlenstoffsenken wie geologischen Reservoirs, Böden oder Baumaterialien zu speichern.
Schwer reduzierbare Emissionen treten vor allem in der Luft- und Schifffahrt, der Zementproduktion, der Agrarwirtschaft, der Chemie- und Schwerindustrie und der Abfallwirtschaft auf. Allerdings ist davon auszugehen, dass fast alle Unternehmen Bedarf an Carbon Removal haben, um ihre komplette Wertschöpfungskette zu dekarbonisieren. Dementsprechend ist die aktive CO2-Entnahme in Kombination mit drastischer Emissionsreduzierung eine vielversprechende Option, um unternehmerische Emissionsziele zu erreichen.
Die Europäische Kommission hat das Potential von Carbon Removal erkannt. Sie erarbeitet aktuell eine einheitliche Zertifizierung von CO2-Entnahmeverfahren. Am wahrscheinlichsten ist derzeit, dass zunächst – auch mit Blick auf Kosten, Potentiale und Verfügbarkeit – ein Technologiemix zum Einsatz kommen wird.
Banken als Akteure der Transformation
Gleichzeitig bedarf es großer Investitionen und der notwendigen finanziellen Mittel – sowohl privaten Kapitals als auch öffentlicher Gelder. An dieser Stelle kommt auch der Finanzindustrie eine entscheidende Rolle zu, sie muss ihren Einfluss geltend machen und zu einem wichtigen Akteur der Transformation werden. Banken können etwa ihre starke Marktposition nutzen, um Investitionen in die richtige Richtung zu lenken und um die Forschung und Weiterentwicklung neuer Klimatechnologien zu unterstützen.
Dabei kann es sich um direkte Investitionen in konkrete Technologien zur CO2-Entnahme handeln. Auch Kooperationen mit Scale-up-Unternehmen sind interessant, um die noch relativ junge Branche der Kohlenstoffentfernung auf ein neues Level zu heben. Die Finanzierung technischer Innovationen, die zur Beschleunigung der Transformation hin zu einer klimaneutralen Industrie notwendig sind, erfordert Kapital sowie einen transparenten und liquiden Markt für Carbon Removal.
Den Gastbeitrag in Ausgabe 06/23 des Finance Magazins finden Sie hier.